Nerdfee


Han Solo: A Star Wars Story

***Spoilerfrei***

Auf diesen Film habe ich schon mein ganzes Leben gehofft und gewartet. Ich habe ihn im Kinderzimmer selbst etliche Male gespielt und ich konnte es kaum glauben, dass dieser Traum real wird. Klar, Träume sollte man sich erfüllen, denn man schuldet ihnen sein Leben. Aber auf diesen Traum hatte selbst nun mal wenig Einfluss.

Allerdings ist mir auch bewusst dass mancher Traum der wahr wird in der Realität leider eher ernüchternd als episch ist. Mit der Vorfreude auf den Film kamen mir also auch die Zweifel.. Konnte ein Film je an meine Träume heran treten? Wie soll es überhaupt möglich sein einen Han Solo zu finden der nur im entferntesten an Harrison Ford erinnert? Mein erster Gedanke schwebte da zu Chris Pratt (den liebe ich schliesslich, er weiss es - Chch), welcher zwar körperlich nichts von Harrison hat, aber der im Gesicht den gleichen lausbubigen Ausdruck besitzt. Nach der Bekanntgabe dass Ehrenreich den Job übernimmt wurden meine Zweifel grösser. Hatte er doch nicht dieses Grinsen, diese Ausstrahlung.. Aber gut. Ich freute mich dennoch. Star Wars geht schliesslich immer, es würde schon Piew Piew geben und alte Bekannte, selbst wenn mein Laserbrain Han eben nicht perfekt besetzt ist.

So sitze ich also im Kino. Komischerweise kam der Film auf einmal recht schnell. Ich hatte ihn zuletzt gar nicht mehr so auf dem Schirm. Zu viele Messen und Cons und ausserdem bin ich an den Star Wars Hype Train im Dezember gewöhnt. Also sitze ich da, ganz ohne Hype, erwarte nichts und freue mich auf das was kommt. Die Stimmung ist entspannt. Mein Kinopartner und ich quatschen noch darüber was wir später essen wollen und mein Herz ist erstaunlich still.

Das ändert sich schlagartig als der Film startet. Plötzlich wird mir bewusst, dass das hier gerade ein neues Stückchen Herz der Liebe meines Lebens ist. Von der ersten Sekunde des Films an fühle ich mich ehrlich gesagt vollkommen überfordert. Ein Soundtrack der mich in den Sessel drückt, Action welche mir um die Ohren fliegt. Der Film scheint überhaupt nicht zur Ruhe zu kommen. Irgendwann war ich wirklich erschöpft das Ganze mit anzusehen. Zwischen Piew Piew und Boom Boom hat es in der ersten Stunde kaum Zeit sich auszuruhen.

Die Handlung ist verstrickt, der Film ist super produziert und schaut gut aus. Die Kamera hüpft schneller als mein Herz von Planet über Action zu Action zu Planet und bereitet mir gerade in der ersten Filmhälfte etwas Magengrummeln. Manche Kameraperspektive ist merkwürdig und ich wundere mich selbst, dass es mich stört.

Normalerweise achtet mein Herz nicht auf solche Kleinigkeiten, wenn es um die Liebe geht.. aber die Wahrheit ist, dass es wirklich lange braucht bis der Funke des Films wirklich überspringt und mich unterhaltungstechnisch bedient. Klar, es gab vorher was für‘s Auge, aber einen echten Bezug, ein echtes Mitgefühl für die Charaktere, lässt auf sich warten.

Es gibt sie, diese Gänsehaut-Momente die meine Beine ganz weich machen und in denen ich dankbar bin, dass ich sitze. Ich habe auch ein paar Tränchen verdrückt, einfach weil es so viele alte Freunde hat. Und es gibt auch diese BOOM-Momente die mir den Mund aufklappen lassen und welche meine Augen aufreissen. Aber irgendwie ist das alles in die letzte Filmhälfte gedrückt und wirkt gelegentlich so, als mache man es sich zu leicht den Fan zu befriedigen.

Ehrenreich macht seine Sache gut. Ich schaue ihm in sein Gesicht und sehe, wenn er grinst, durchaus einen Schatten meines geliebten Han Solos. Es ist mir aber ehrlich gesagt nicht genug, natürlich kann keiner Harrison ersetzen oder das Wasser reichen, aber ich glaube weiterhin es hätte Schauspieler mit mehr „Lausbuben-Charisma“ gegeben.

Je mehr Nebenfiguren auftauchen umso mehr wird Ehrenreich in den Schatten gerückt, nicht dass er etwas dafür könnte, aber manch ein anderer ist einfach viel besser besetzt und liefert eben drum mehr Zauber und Nostalgie ab. Wobei hier meines Erachtens manch ein Potenzial nicht ausgeschöpft worden ist, wohl weil der Fokus auf Han liegen sollte. Auch der Humor ist dann manchmal doch auffällig oft in eine Richtung verteilt. Der Soundtrack untermalt den gesamten Film, ich liebe ihn und weiss dass ich ihn mir kaufen werde, doch passt die Musik manchmal für mich nicht zu der Handlung.

Der Film hat sich durchaus gelohnt. Er ist gut, stellenweise sogar mehr als das. Er ist definitiv Kino-sehenswert und ich bin dankbar dass man nicht spürt, dass es ja recht viel Chaos beim produzieren hatte. Alles wirkt stimmig, ich mag auch die düsteren Bilder, eine gewisse Dunkelheit und Schwere die aber durch die (leider) Geschichte etwas abgeschwächt wird.

Aber ehrlich gesagt habe ich die Spielzeit teilweise gespürt. Ich würde nicht sagen, dass ich enttäuscht bin, aber ich finde man hätte mehr daraus machen können. Neben Rogue One ist diese Star Wars Story definitiv ein kleineres Licht im Universum. Ein schönes Licht, das man sich gerne anschauen kann.

Aber ein Licht welches bei weitem nicht an das Glitzer Piew Piew aus meinem Kindheitstraum heran leuchtet.