Tarantino, Du spaltest die Menschheit, wie Jar Jar Binks. Entweder man liebt Deine Kunst, Deine Art Filme zu machen, oder man hasst sie.

Ich gehöre eindeutig zu der ersten Fraktion und ich könnte nur wenig andere Ausnahme-Regisseure nennen, die so polarisieren wie Du (Spontan fällt mir noch David Lynch ein.. Eieiei, den vergöttere ich auch, aber heute geht es um eins Deiner Werke, Quentin).

Als ich zum ersten Mal auf einen Titel von Dir traf, war ich vollkommen ahnungslos was mich da berauschen wird. Pulp Fiction lief damals zum ersten Mal im Free TV und der Titel sagte mir gar nichts. Aber ich kannte natürlich Bruce Willis (Ich liebte Stirb langsam, Yippie Yei Yay Schweinebacke) und Samuel L. Jackson mochte ich auch (Der Prinz aus Zamunda war urkomisch).. Ich war mir schlicht sicher, bei so großen Namen muss Pulp Fiction sehenswert sein.

Die ersten Minuten war ich irritiert. Den ganzen Film über war ich eigentlich irritiert! Aber dann, als der Abspann über den Bildschirm flackerte, da war ich erstmal schlicht sprachlos. Was ein Wahnsinn!

Was ein untypischer Film. Er widersetzt sich der ganzen schwarz/weiß-Malerei Hollywoods und serviert mir stattdessen ein buntes Grau aus politischen und gesellschaftlichen Tabus. Es gibt hier kein Gut und kein Böse, genau wie es in der Realität eben ist. Auch wenn Du hier gewiss oft etwas übertreibst, tut das der Grundfarbe des Gefühls das beim mir als Zuschauer ankommen soll, keinen Abbruch. Es ist einfach nur genial.

Genial wie die menschliche Belanglosigkeit in diesem Film vorgeführt wird.

Genial, dass Du die eigentliche Geschichte, von dem mittelmäßigen Boxer Butch, aus anderer Sichtweise erzählst.

Genial wie die zwei Auftragskiller Marvin und Vincent sich entspannt über Burger, Fußmassagen (bis dahin wusste ich nicht, dass diese immer etwas zu bedeuten haben), Haschbars und die Frau vom Chef unterhalten, bevor sie dann drei Typen erschiessen.

Genial wie ein Verbrecherpärchen über die Zukunft im Diebstahl-Buisness philosophiert (man hat es nicht leicht wenn die Verkäufer im Spirituosen-Laden nur noch andere Sprachen sprechen) und dann verliebt das Restaurant ausrauben indem sie gerade sitzen (Und hier wurde auch die sensationelle Uma mit Hollywood verbunden).

Genial das Gangsterweibchen Mia, mit ihrem mystischen, sexy Zauber.

Genialer ist meine eindeutige Lieblingsszene, in der Vincent unabsichtlich Marvin im Auto abknallt, was ein Knaller!

Und am genialsten ist, dass auch wenn viele Handlungen zusammenhangslos scheinen, schließlich alles miteinander verknüpft ist. Du hast diesen Film bis ins kleinste Detail durchgeplant und durchdacht.

Das ist ja alles total schrecklich und brutal was hier zu sehen ist, aber durch die unglaublich lustigen Dialoge, diese subtile Komik, wird dem Film ein bisschen der Ernst genommen.

Diese Kombination von auf den Arm genommener Handlung und Dialog-Witz ist nie Jemanden so gelungen wie Dir. Für mich bist Du ein Meister Deiner Kunst. Du machst Filme auf den Höhepunkten der medialen Gegebenheiten. Die Schauspieler (ob Haupt- oder Nebenrolle, total egal) geben sich hier (von Dir zu Höchstleistungen getrieben, heute wird so viel Potential gar nicht mehr genutzt) gegenseitig die Klinke aus der Hand weiter und jeder von ihnen hat am Ende Schuld am grossen Ganzen voller Details.

Pulp Fiction sollte neben "Kultfilm" im Lexikon abgebildet werden. Für mich ein Traum von Film. Mein erster und liebster aus Deiner Feder. Angefangen beim Soundtrack, über die Kameraführung, die Schauspieler und natürlich die Story in der es Spaß macht auf jede Winzigkeit zu achten, denn alles fügt sich schließlich.

Und irgendwie gibt es hier für jeden etwas zu holen. Denn auch wenn Du da primär einen Gangster-Actionstreifen geliefert hast, gibt es etwas Romantik, Musik, Humor und überaus große Intelligenz.

Ganz gewiss ist dieses Werk nicht für Jedermann. Aber wer will denn schon Jedermann sein?
Für mich geht der Film einfach immer wieder, mit Jules und Vincent wird es in L.A. nie langweilig.

Ich habe nur noch eine letzte Frage:

Sieht er aus wie eine S******e?