Nerdfee


Shadow of the Collossus

Ich stehe auf einer Lichtung, Schmetterlinge tanzen sanft mit den zaghaften Sonnenstrahlen die sich vorsichtig glitzernd ihren Weg durch die dichten Bäume bahnen. Im Moment versunken versuche ich mich mit Echsen anzufreunden, doch komme ich Ihnen zu nah laufen sie davon.. genau wie die Zeit, die förmlich rennt, während die Welt hier still steht.

Doch ich darf mein Ziel nicht vergessen.. Ich mache mich auf der „Held“ zu sein der ich gerade sein muss. Ich muss alle 16 majestätischen Kollosse in dieser Welt zur Strecke bringen, denn die Liebe meines Lebens liegt im Koma und braucht die Magie der Riesen um zu mir zurückzukehren. 16 Riesen, die jeder für sich eine Geschichte sind.

Mein Bier wird warm während ich über Berge reite, auf denen mir der kalte Wind um die Ohren saust, welcher dann in engen Bergpässen den Atem anhält und die unheimliche Stille nur von den Hufen meines Rosses durchbrochen wird. Saftige Wiesen liegen mir zu Füssen, im Himmel wiegen sich die Wolken und manchmal begleitet mich ein Adler auf meinem Weg. Tiefe Schluchten tun sich auf, so tief wie die Liebe die ich für die Entwickler empfinde, wenn ich von Ehrfurcht erfüllt da stehe und hinabblicke. Wasserfälle plätschern so wild und gleichzeitig friedlich wie mein kleines Herz, dass sich immer mehr verliebt. Alte Ruinen mit staubigen Glanz ziehen mich in ihren Bann und ich vergesse manchmal, dass ich weiter muss.

Ich reite auf meinem treuem Ross durch diese menschenleere Welt. Keiner Spricht.. und dennoch blutet diese Spiel so viel Leben aus. Wie kann eine so leere Welt so viel geben? Jeder Pixel wiegt sich perfekt in die Atmosphäre. Wie eine alte Seele, die nichts sagt, sondern mit all ihren Facetten lebt und mich teilhaben lässt.

Der Boden unter mir bebt wie mein Herz und meine Sicht ist vernebelt genau wie mein Verstand. Nicht weit von mir erkenne ich das Ungetüm, auf dass ich es abgesehen habe. Voller Respekt betrachte ich die riesige Gestalt hoch über mir im Nichts. Der stampfende Riese tritt wütend nach mir, er weiss dass ich seine Schwachstelle suche. Ich fühle mich so winzig..

Immer wieder fühle ich mich schuldig. Rechtfertigt ein gutes Ziel einen schlechten Weg? Bin ich ein Held, wenn ich Jemandem „rette“ und Unschuldige dafür zahlen lasse? Ist es nicht eigentlich ein egoistischer Akt die Liebe meines Lebens zurück zu holen um nicht allein durch dieses Leben zu gehen, oder tue ich das für sie? In der Liebe und im Krieg ist doch alles erlaubt?!

Der malerische Soundtrack begleitet mich auf meiner Mission und verlässt mich auch nicht, wenn ich die Konsole ausschalte.

In einer Zeit in der Videospiele uns Gamer an die Hand nehmen und anleiten ist Shadow of the Collossus die Lasche unter zu vielen Schnallen. Was 2005 schon ein Meisterwerk war und mich tief berührte, weckt heute noch die gleichen liebevollen Gefühle in mir.

Aus der etwas staubigen Perle ist ein poliertes Stück Licht geworden. Schön war dieses Meisterwerk immer, aber nun ist es noch detaillierter. Als hätte das Schöne innere sich noch mehr nach aussen gekehrt. Alles wurde neu kreiert, man hat dem Ganzen nicht einfach einen Filter verpasst sondern mit vertrautem Herzblut dieser Welt noch mehr Schönheit verpasst.

Dieses Spiel erzählt keine Geschichte, es ist eine Geschichte. Ich werde nicht von einem Punkt auf einer Karte in eine Richtung gezwungen. Ich kann mich frei bewegen. Wie ein Gedicht das sich kunstvoll voller Anmut und Tragik nicht anbiedert sondern einen teilhaben lässt, wenn man sich etwas öffnet. Zweifellos ist der Titel nichts für den 0815 Call of Duty Spieler, hier geht es um etwas mit Gewicht. Das ist kein One night stand sondern ein Titel den man sich ins Herz graviert.

Man kann Liebe nicht berühren.. Aber Liebe kann einen berühren.